Tesla Model 3 mit Anhänger im 2.500 Kilometer Test
Was taugt ein Tesla Model 3 Long Range mit Anhängerkupplung eigentlich, wenn man 2.500 Kilometer mit Anhänger nach Polen fährt?
In diesem Bericht erzähle ich euch von unserer Fahrt nach Polen (und zurück!) zur Motorradtour – das bedeutet ein Tesla Model 3 2021 Long Range mit 2 Personen und vollem Kofferraum, ein Westfalia Kofferanhänger mit 2 Motorrädern (insgesamt um die 900 KG Anhängelast) in einem Land, was so wenig Supercharger wie Deutschland im Jahr 2014 hatte.
Es war Abenteuerlich – aber spannend!
Inhaltsverzeichnis:
Abfahrt mit schlechtem Start im Tesla Model 3
Alles sollte eigentlich Perfekt sein, aber der Verbrauch… bevor wir dazu kommen, erstmal die Grundlagen:
Wie war die Zugkombination eigentlich aufgebaut?
- Tesla Model 3 2021 Long Range mit circa 300 KG Zuladung
- Westfalia Anhänger mit 400 KG Leergewicht und circa 500 KG Zuladung = 900 KG Anhängelast
- Aerodynamik vom Anhänger: Schlecht
Aus meiner letzten Anhängerfahrt (hier in meinem Tesla Model 3 Erfahrungsbericht erwähnt) habe ich mich auf einen Verbrauch von circa 220 Wh/km eingestellt – mit einem offenen Anhänger lag dieser bei 190 Wh/km.
Aus Gewohnheit fuhr ich mit dem Anhänger los, wie man es mit einem Verbrenner gewohnt ist – ab auf die Autobahn und fleißig LKWs mit circa 100 bis 105 Km/h überholen. Großer Fehler.
Nach circa 30 KM überprüft ich meinen Verbrauch und war erstaunt – 380 Wh/km! Das ist nahezu doppelt so viel wie ohne Anhänger! Was war passiert?
Eine Kontrolle an der Tankstelle zeigt, dass der Luftdruck der Reifen am Anhänger bei 1,0 Bar angekommen sind – dadurch wird der Rollwiderstand erheblich gesteigert und damit auch der Verbrauch, besonders bei höherer Geschwindigkeit.
Luftdruck auf 2,8 Bar gesteigert – weiter gehts! Allerdings musste ich durch den hohen anfänglichen Mehrverbrauch einen Supercharger früher ansteuern, als geplant.
Verbrauch im Anhängerbetrieb beim Tesla Model 3 Long Range
Nach der Korrektur vom Reifenluftdruck überlegte ich, wie ich den Verbrauch weiter senken kann.
Die Aerodynamik vom Anhänger ist überhaupt nicht hilfreich für einen geringen Verbrauch und sorgt dafür, dass dieser Sprunghaft ansteigt wenn man mehr als 80 Km/h fährt.
Im Windschatten eines LKWs zu fahren stellte sich als gute Idee heraus – hier ging der Verbrauch stark runter. Als idealer Partner hat sich ein 3,5 Tonnen „Polski Express“ herausgestellt, die meistens einen großen Planenaufbau haben, um die 100 Km/h fahren und aus Polen kommen.
Hier ging der Verbrauch auf circa 250 Wh/km runter, was sehr gut vertretbar war und angenehmes Fahren erlaubte.
Schlimm wurde es in Polen, da sich das Wetter sprunghaft verschlechterte und keine LKWs in der Nacht auf Sonntag unterwegs waren. 8 Grad Außentemperatur und Regen, keine aerodynamische Hilfe und 90 Km/h Geschwindigkeit erhöhten den Verbrauch wieder auf 290 Wh/km.
Eine Anpassung der Geschwindigkeit auf 80 Km/h senkten den Verbrauch auf 260 Wh/km, was gut zeigt wie sehr Aerodynamik und Außentemperatur den Verbrauch beeinflussen (zur Erinnerung – bei 100 Km/h hinter einem Polski Express habe ich weniger verbraucht!).
Somit ergibt sich bei mir eine Reichweite von um die 280-300 Kilometer, wenn mit 100% startet und mit knapp 0% an der Ladestation ankommt. Daher habe ich sicherheitshalber alle 250 Kilometer mit einem Ladestopp gerechnet.
Nicht selten habe ich diesen Hinweis vom Tesla gemeldet bekommen – es MUSS geladen werden, um das Ziel zu erreichen.
Hier lohnt es sich, einen Blick auf den Verbrauchsmonitor zu werfen, der einem sagt mit wie viel Prozent Akku man am Ziel ankommt.
Tesla berechnet den Akkustand am Zielort EXTREM pessimistisch, wenn der Anhänger angeschloßen wird und der Anhängermodus aktiviert wird. Ich gehe davon aus, dass ein Durchschnittsverbrauch von 300 bis 350 Wh/km angenommen wird, was bei einem Wohnanhänger durchaus der Fall sein könnte, im Regelfall aber wesentlich weniger ist – vor allem im Windschatten von LKWs.
In meinem Fall hat sich der Akkustand am Zielort immer erholt, in einem Fall von 2% am Zielort als Vorhersage auf 22% bei der Ankunft. Daher sollte man immer den Energiemonitor im Auge behalten und die Entwicklung vom Akkustand am Zielort im Auge behalten.
Laden am Supercharger mit dem Tesla Model 3 und Anhänger
Muss man den Anhänger an jedem Supercharger abhängen um zu laden? Definitiv nein, wie am Bild zu sehen.
Natürlich kommt es sehr auf die Auslastung der Supercharger an – wenn diese voll ausgelastet sind, müsste man in den meisten Fällen trotzdem abhängen, um keinen Stau zu verursachen.
Ist es aber so leer wie auf dem Bild, kann man auch „leicht blockierend“ mit Anhänger angekuppelt am Supercharger laden (Auf dem Bild ist es der Supercharger Lauenau, der gefühlt einen Supercharger mit extra Platz für Anhänger hat).
Einige Supercharger haben auch Ladesäulen, die von zwei Seiten angefahren werden können.
Wie hier auf dem Bild zu sehen, gibt es solche Ladestationen am Supercharger Hohenwarsleben (direkt neben dem Supercharger Irxleben) – auch hier hängt es sehr von der Auslastung ab, aber glücklicherweise hatte ich immer nahezu komplett freie Supercharger so dass es niemandem gestört hat.
Lediglich die Kabellänge muss genau eingeschätzt werden, da man mit einem Anhänger dazu neigt zu viel Abstand zur Ladesäule zu lassen – und dann nicht mehr mit dem Kabel an den Ladeport kommt. Besser jemanden aussteigen lassen, der das Kabel schon in der Hand hat und einem passend einweist 🙂
Um meine kalkulierten 250 Kilometer Reichweite (mit circa 30-40 KM Reserve) zur nächsten Ladesäule zu erreichen, musste ich immer auf 100% laden. Dadurch hat der Ladevorgang statt üblicherweise 30 Minuten immer um die 50 Minuten gedauert, was insgesamt eine Stunde „Zeitverlust“ bei 3 Ladestopps durch den Anhängerbetrieb gekostet hat – was mir bei 12 Stunden Fahrt (ohne Ladevorgang) ziemlich egal ist :).
Tesla aufladen in Polen - Supercharger und Alternativen
Aktuell gibt es in Polen ganze 9 Supercharger, mehr sind bereits in Planung. Das bedeutet dass man durchaus planen muss und nicht, wie in Deutschland mittlerweile möglich, einfach losfahren kann und jede Menge Ladestationen antrifft.
Glücklicherweise gab es ausreichend Supercharger entlang meiner geplanten Route, so dass ich keinerlei Probleme hatte.
Polnische Supercharger haben in der Regel nur 4 Ladestationen der Generation 2, also maximal 150 kW. Da es in Polen derzeit noch nicht so viele Teslafahrer gibt wie in Deutschland, sind diese jedoch auch nur sehr schwach ausgelastet. Abhängen musste ich den Anhänger jedoch immer, da ich ansonsten alle 4 Ladestationen blockiert hätte.
Ganz schlimm ist der Supercharger in Poznan.
Nicht nur dass dieser über 8 Kilometer von der Autobahn entfernt ist, dieser muss natürlich direkt in der Innenstadt sein (mit jede Menge Verkehr, so dass die Anfahrt von der Autobahn ganze 20 Minuten gedauert hat).
Zusätzlich ist es ein Parkplatz, der mit Schranken abgesichert ist – mit Anhänger bin ich eher „schwungvoll“ durchgefahren damit die Schranke nicht zwischen Auto und Anhänger schließt. Ach, und nur die ersten 30 Minuten sind kostenlos, danach muss man 5 zloty für das „parken“ zahlen.
Den Anhänger konnte ich gut positionieren (siehe Bild), einen Wohnwagen würde ich da aber nicht hinstellen.
Gefallen hat mir, wie die Security vor Ort Verbrennerfahrer augenblicklich angesprochen hat, wenn diese die Ladesäulen zuparken wollten. Keine Minute später kommt der Security-Mann mit seinem Segway angefahren und verweist diese vom Supercharger – super.
Auf einer Strecke vom knappen 300 Kilometern war leider kein Supercharger weit und breit, so dass ich auf lokale Alternativen angewiesen war. Hier helfen Orlen Ladestationen und Greenway Ladestationen.
Diese sind in ausreichendem Maß vorhanden und nahezu immer frei. Das liegt sehr wahrscheinlich am Preis (und der geringen Anzahl an Elektroautos in Polen) – im Schnitt hat eine Kilowattstunden ganze 50 Cent gekostet. Bei Polnischen Strompreisen von 10 Cent ist das ein heftiger Aufschlag!
Daher habe ich die Ladestationen nur ausnahmsweise angesteuert – nicht nur der Preis ist schlecht, auch die Apps (vor allem die Greenway App ist eine Katastrophe – unglaublich langsam!) der Ladeanbieter sind verbesserungswürdig und nur auf Englisch oder Polnisch vorhanden.
Fahrverhalten Tesla Model 3 mit Anhänger
Um es mit einem Wort zusammenzufassen: Göttlich!
Noch nie war es so entspannt wie mit dem Tesla Model 3 einen Anhänger zu ziehen. Den selben Anhänger habe ich in der Vergangenheit mit diversen Verbrennern gezogen, was immer eine Qual war.
Beschleunigung:
Mangelnde Leistung (trotz satten 180 Diesel PS *lol) waren immer das Problem, was das Beschleunigen erheblich erschwert haben und überholen nur sehr schwer möglich machten. Mit dem Model 3 fuhr es sich wie ohne Anhänger – jederzeit volle Leistung ohne abwarten auf Ladedruck oder Leistungsdrehzahl, keine nervigen Gangwechsel mit dröhnendem Motor – geil!
Bremsen:
Der Anhänger verfügte über eine Auflaufbremse, die ich aber nur so selten wie nötig verwendete – Rekuperation ist das Stichwort. Durch das schieben vom Anhänger konnte ich so mehr Reichweite beim verzögern in den Akku reindrücken, ohne dass dieser sich über die Mehrbelastung ansatzweise beschwerte. Keine Überhitzung oder sonstiges, einfach nur sehr entspannt. Im Video seht Ihr übrigens den Bremsstaub nach der ganzen Tour – nahezu null!
Assistenzsystem:
Leider wird beim anschließen vom Anhänger der Autopilot abgeschaltet, so die Vorgabe von Tesla. Dadurch fällt das automatische halten der Spur weg.
Aber: der Abstandstempomat bleibt und regelt HERVORRAGEND!
Im Prinzip bestand die Fahrt aus:
- Tempomat auf 100 Km/h
- Abstand auf 1
- Selber lenken, sonst nichts.
Der Abstandstempomat bremste jederzeit rechtzeitig und mit angemessener Leistung, so dass ich sehr sehr entspannt fahren konnte.
Fazit: Ein Tesla Model 3 mit Anhängerkupplung macht Spaß!
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Tesla und Anhängerbetrieb sich nicht widersprechen. Klar, der Verbrauch steigt und das Aufladen kann manchmal etwas Mehrarbeit kosten. Aber alles in allem würde ich es jederzeit nochmal machen – der Fahrspaß und Komfort ist unglaublich und sorgt für sehr entspanntes fahren.
Eine Akkuladung reicht bei 260 Wh/km für bis zu 280 Kilometer, allerdings ist dann der Akku von 100% auf 0% entladen. Wenn man mit 250 Kilometern Reichweite von Ladesäule zu Ladesäule rechnet, ist man auf einer sicheren Seite.
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